Anthroposophisches

Anthroposophisches

Zum Thema Karma-Praxis

Hier möchte ich mich gerne ganz persönlich zu Wort melden, gegründet durch meine Erfahrungen, Erlebnisse, Forschungen und der stetigen Auseinandersetzung mit dem Werk Rudolf Steiners sowie mit der Reinkarnationstherapie, nicht mit einem wissenschaftlichen theoretischen Diskurs.

In der heutigen Zeit sind wir ja sehr nahe an die Schwelle zur geistigen Welt gerückt, näher als vor 100 Jahren. Viele Menschen erleben durch leidvolle Erfahrungen, sei es eine Krankheit, zwischenmenschliche Problematik oder andere tief leidvolle Erlebnisse, einen Entwicklungsweg, der zu mehr Bewusstsein und einem neuen Weltverständnis führt, ganz oft eben auch zu einer Suche nach dem Geistigen oder gar einem Erleben dessen. Dies ist ein Weg, der nicht aus einem (vordergründig) freiem Willensentschluss entsteht, sondern der einem durch das Leben entgegenkommt. Das höhere Ich hat ihn mit Hilfe der Hierarchien bereitet als Einweihungsweg durch den “Alltag”. Wer sich dann auf die Suche macht und die Lebensumstände besser verstehen will, die höheren oder tieferen Zusammenhänge durchschauen möchte, stellt unweigerlich die Frage nach den verborgenen Erlebnissen, sei es in der Kindheit oder in früheren Leben, die mit dem heutigen Erleben in Zusammenhang stehen. Viele Menschen schrecken aber auch davor zurück,  hier weiter gehen zu wollen. Dies ist eine individuelle und daher ganz gesunde Reaktion.  Wenn sich die Seele aber bewusstseinsmäßig mit den karmischen Zusammenhängen beschäftigen möchte, ist dies in ihrem Karma begründet und vorbereitet. Darauf weist Steiner nachdrücklich hin.

Wenn sich Menschen so geprägt durch das Leben bei mir zur Therapie melden, kann ich immer voraussetzen, dass die Thematik, die leidvoll erlebt wird, sie schon viele Jahre begleitet. Sie sind in einen Prozess gekommen, der sie vorbereitet hat für tiefere Erkenntnisse. Dann ist eine Rückführung, die, so wie ich arbeite, Therapie ist, d.h. Menschen heilend unterstützt, sinnvoll und wirksam. Es geht dabei nur um Heilarbeit, nicht um sensationelle Entdeckungen früherer Leben.

Im Vorgespräch der Therapie wird nun genau das gemacht, was Steiner in der großen Karmaübung als ersten Schritt beschreibt: das Anliegen wird auf allen Ebenen, seelisch, körperlich, geistig und von den Umständen und Konstellationen her so intensiv und detailliert wir möglich beschrieben und erlebt. Wenn es hierbei zu körperlichen oder seelischen Reaktionen kommt, ist man auf dem richtigen Weg, denn dann spricht sich tiefe Wahrheit aus.

Wahrheit, die sich in ersten, vorsichtigen imaginativen Erlebnissen zeigt, die der Bewusstseinarbeit folgen. So vorbereitet gilt es, wie in der Meditation, diesen Faden mit aller Willensanstrengung zu verfolgen. Es ist Willensanstrengung des Klienten, begleitet und unterstützt durch den Therapeuten, aber niemals möglich, wenn der Klient nicht mitarbeitet. Deshalb ist eine Rückführung niemals “leicht”, sondern intensivste Arbeit, die große Bemühung erfordert. Weil sich hier zwei Menschen mit allem Ernst um Erkenntnis bemühen, darf man auch den Herrn des Karma dazu bitten und seine Unterstützung erfragen. An dieser Stelle wird auch evident deutlich, dass eine innere Instanz, der Hüter der Schwelle, nur das zulässt, was dem jeweiligen Menschen zuträglich ist, wofür er sich schon vorbereitet hat auf seinem Entwicklungsweg. Eine vorgestellte Idee hat keinerlei Wirksamkeit, eventuelle Assoziationen werden schnell entlarvt, wenn sie nicht stimmig sind. Eventuelle anfängliche Verwirrungen klären sich, wenn die Zusammenhänge deutlich werden. Ständiger Begleiter muss ein waches Ichbewusstsein und besonders auch ein gesunder Menschenverstand sein.

So kann sich ein winzig kleiner Blick auf das eröffnen, was sonst im Unbewussten liegt, aber in unserem Ätherleib und damit auch in dem vom Ätherischen gebildeten physischen Körper verborgen liegt. Unsere Willenstätigkeiten sind ja fast vollständig von dieser unbewussten Ebene gesteuert, wie Steiner in seiner Philosophie der Freiheit darlegt.

Jetzt wird das beleuchtet, was mit der Anfangsfrage zusammenhängt, erst nur punktuell, aber so nach und nach, durch Forschen und ein genaueres, meditatives Wahrnehmen, entstehen Verbindungen und ein “Bild” wird deutlich. Diese Bilder haben nichts mit einer Kinovorführung gemeinsam, denn sie sind geistiger Natur.

Heutzutage erleben schon viele Menschen, dass sich der Schleier vor dem Unbewussten etwas lichtet, sei es in Träumen, sei es durch plötzlich entstehende “Bilder” in besonderen Situationen. Auch solche Menschen kommen in die Therapie, weil diese Erlebnisse oft verwirrend sind und durch eine gezielte Therapie Klarheit und Verstehen entsteht, das Bedrängende verarbeitet werden kann.

Niemals darf eine gute Therapie stehen bleiben bei dem Auffinden von “Bildern” und Sequenzen. Diese sind entstanden, durch Imaginationen und auch Inspirationen. Es spricht sich etwas aus. Wenn ich hier den Klienten sich selbst überlasse, kann er leicht in noch größere Schwierigkeiten geraten. Dieses Vorgehen, leider zum Teil noch immer so gehandhabt, hat auch viel dazu beigetragen, Rückführungen in Verruf zu bringen. Jetzt muss die geistige Dimension mit dazu genommen werden und von diesem übergeordneten Standpunkt aus alles angeschaut, geordnet und geklärt werden, was sich gezeigt hat, damit der Klient am Ende verstehen und lösen kann , Heilung geschehen kann. Anders gesagt, wenn wir im seelischen Raum verharren, auf der ätherisch-astralischen Ebene und das Ich untätig bleibt,  öffnet  man den Raum für die Widersacher.

Auch hier regt der Therapeut den Prozess nur an und hält sich mit seiner eigenen Beurteilung ganz zurück, um dem Menschen seinen ureigenen individuellen Raum zu lassen. Wie erwähnt, der gesunde Menschenverstand ist ein ganz wichtiger Begleiter. So können Intuitionen entstehen und dadurch das eigene jetzige Leben mit einem erweiterten, übergeordneten Blick in größere Zusammenhänge gebracht werden. Die Resilienz wird gestärkt und ein Gesundungsprozess eröffnet.

Leider tummeln sich auf dem Feld der Rückführungen alle möglichen Methoden. Dankbar bin ich für meine über dreijährige Ausbildung nach der holländischen Schule, denn ich konnte erleben, dass hier nicht im Vagen und Trüben gefischt wird, sondern in ganz klarer, sehr verantwortungsbewusster, liebevoller und dennoch völlig unvoreingenommener Weise mit den Menschen und ihren individuellen Leiden effektiv therapeutisch gearbeitet wird.

Durch meine eigenen Erfahrungen ist mein Weltverständnis, mein Geschichtsverständnis, meine soziale und moralische Kompetenz in großem Maße gewachsen. Die Anthroposophie, die Theosophie, die Geheimwissenschaft sind mir zum inneren Erlebnis geworden. Ich bin meinem Schicksal tief dankbar, dass es mich dort hingeführt hat.
Eva Wolter

Artikel aus “Anthroposophie”, Vierteljahresschrift zur anthroposophischen Arbeit in Deutschlend, Michaeli 2019, leicht gekürzt

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